Prolog
Ich sitze nun den fünften Tag in Namche Bazar, den Vierten im Stupa Cafe und bin mir sicher: Hätte ich, was ich nun über das Wandern in dieser Höhe weiß, davor schon gewusst, hätte ich zu dieser Tour nie zugestimmt, nicht genau diese. Mal abgesehen davon, eine solche Tour direkt nach drei Tagen wach zu starten schon sehr schlecht organisiert war, ging es hier vermutlich vor allem zu schnell zu hoch. Vielleicht ist es aber auch einfach nur der Schrei, den ich von meinem Körper mal hören musste, weil ich während 700 Tage Laufen das Flüstern mehr oder weniger ignoriert habe und bekomme nun die Woche Ruhe, die ich nach zwei sehr aktiven Jahre dringend zu brauchen scheine. Manchmal bekommt man eben nicht, was man möchte, dafür das, was man braucht. Aber unabhängig davon, was ich alles erlitten habe, habe ich auch genauso eine schöne Zeit gehabt, ein neues Land mit tollen Menschen erlebt und Zeit gehabt, mehr über mich selbst erfahren zu dürfen …
Tagebuch
28.10.2022 | Wilsdruff – Frankfurt | “Los geht’s!”
Punkt 15 Uhr. Ich werde von Uwe abgeholt und los geht es erstmal mit dem Auto bis nach Frankfurt. Uwe fährt. Schließlich ist er sowieso daran schuld, dass ich mich auf dieser Reise befinde.
Vor über 2 Jahren habe ich ein Video über den Lhotse gesehen und irgendwas in mir schrie: “Den musst du sehen!” Natürlich dachte ich, das wäre einfach nur so ein verrückter Traum, bis Uwe knapp ein Jahr später sagte: “Los geht’s!”
Er hat solche «verrückte» Wandertouren schon öfters gemacht, meinte ich würde das auch packen und gab mir die Ehre einmal selbst dabei zu sein, um mir den Traum, den Lhotse zu sehen, tatsächlich zu erfüllen.
Moment mal, Lhotse? Wer oder was ist das? Der Lhotse ist mit 8515 m. ü. M. der vierthöchste Berg der Welt. Manch einer wird ihn schon einmal auf einem Bild gesehen haben, es aber nicht wissen, weil alle immer nur Augen für den Mount Everest haben. Weil ich aber schon immer anders als die andern war, will ich eben den Lhotse sehen und bewundern.
Auf jeden Fall sitzen wir nun schon seit drei Stunden im Auto, inklusive Stauschau Bad Hersfeld, und mir ist immer noch langweilig. Eine Stunde noch. Mit viel dumm quatschen geht es doch noch ganz gut.
Rund vier Stunden später sind wir bei Simone und Andreas angekommen. Beide sind Freunde von Uwe. Simone kennt er bereits seit seiner Studienzeit. Und wie Uwe mal so schön sagte, hat sie dann «irgendwann mal Andreas angeschleppt». Andreas hat mit Uwe schon öfters solche Reisen gemacht, während es für Simone auch das erste Mal sein wird.
Im Verlauf des Abends wurde für Uwe und mich noch essen bestellt, da die Küche nur noch in seinen Grundzügen existierte. Später kam noch Lemme, ein gemeinsamer Freund der Dreien vorbei und so ließen wir den Abend in einer sehr lustigen und gemütlichen Runde ausklingen.
29.10.2022 | Frankfurt – Doha | “Die Küche muss auch noch raus!”
7:30 Uhr, der Wecker klingelt. Mein Wecker. Während alle noch schlafen, ziehe ich mich an und gehe erstmal gemütliche 5k im Park laufen. Nur weil ich die nächsten drei Wochen viel wandern werde, heißt das nicht, dass ich auf meinen täglichen Lauf verzichten möchte. Ebenfalls, wie mittlerweile jeden Tag, habe ich mich hinterher mit Yoga und Meditation gedehnt und entspannt.
Inzwischen ist auch der Rest aufgestanden und bereit bei Lemme essen zu gehen. Frühstück gab es nur dort, weil Simone und Andreas pünktlich zum Urlaub die Küche herausreißen. Hier ging es genauso chaotisch lustig weiter, wie der Abend davor, bis wir mit super leckerem Rührei und Brötchen gesättigt uns auf den Weg zurück machten.
Während die anderen auch noch den Rest der Küche raus rissen, habe ich wieder alle Sachen zusammengesucht und etwas entspannt. Ich gebe zu, doch mehr nervös zu sein, als mir guttut.
Es folgte noch ein gemütlicher Spaziergang bei schönstem Herbstwetter, um doch noch einmal die Beine etwas zu bewegen, bevor das viele Sitzen im Flugzeug beginnt.
Um 16 Uhr brachte uns Lemme zum Flughafen, wo das übliche Prozedere, bestehend aus Check-in und Sicherheitskontrolle losging. Zack, wieder zwei Stunden weg. Am Gate angekommen, wartete schon Hannes auf uns, der fünfte in unserer Truppe. Noch kurz etwas zu trinken besorgt, ging es dann auch schon in den Flieger, der uns nach Doha bringt. Den rund vierstündigen Flug vertrieben wir mit Filmen und Essen, an schlafen war nicht zu denken.
30.10.2022 | Doha – Kathmandu | “Flughafen? Läuft auch!”
3:10 Uhr, Punktlandung in Doha, Katar. Das erste Mal nach ziemlich genau 20 Jahren, dass ich Europa verlassen habe. Der Flug verlief so weit reibungslos, nur eben das Schlafen blieb leider aus. Also ging es zwar müde, aber motiviert, los, meine ersten 3,5 km für den RSD 700 zu laufen. Jap, im Flughafen, auf und ab, Frühs um 4:13 Uhr. Manche nennen es Verrücktheit, ich nenne es Leidenschaft.
Immer noch vier Stunden totzuschlagen, machten wir uns auf den Weg, Essen zu suchen, weil ich schon wieder Hunger hatte, wie immer, so nach drei bis vier Stunden. Die Preise am Flughafen sind zwar mehr als überteuert, aber was will man machen. Böse werden, ist definitiv die schlechtere Option. Anschließend ging es einmal mehr darum, Hannes wiederzufinden. Unspektakulär und auch weiter ohne wirklichen Schlaf verlief der weitere Flug bis Kathmandu.
Während wir bereits um 16:45 Uhr gelandet sind, dauerte es allerdings aufgrund von Problemen bei der Visa-Ausstellung und viel Stau, bis 19 Uhr, als wir endlich das Hotel erreicht haben. Auf der Fahrt meinte Nima, unser Guide für diese Tour, dass wir bereits um 1 Uhr nachts wieder aufbrechen müssen, um den nächsten Flughafen zu erreichen. Wir haben alle herzlich gelacht. Es war kein Witz. Wir konnten nicht ab Kathmandu weiterfliegen, also mussten wir erst noch eine vier- bis fünfstündige Busfahrt auf uns nehmen.
Angekommen ging es gleich zum gemeinsamen Abendessen, da wir auch noch Zeit brauchen, unsere Taschen um zu packen und für den ersten Wandertag bereit zu sein.
Geplant war auch noch ein 3,5-km-Lauf in Kathmandu, um die 7 km für RSD 700 voll zu bekommen. Selbstverständlich habe ich mir auch das nicht nehmen lassen und bin im Dunkeln alleine nochmals losgezogen. Der Verkehr in den Seitenstraßen ohne Gehsteig war sehr fordernd, aber wenn alle Acht geben, funktioniert auch das.
Kurz vor Mitternacht bin ich dann ins Bett gefallen, um …
31.10.2022 | Kathmandu – Phakding | “Drei Tage wach und immer noch müde!”
… um 0:20 Uhr, nach gerade mal eineinhalb Stunden Schlaf, wieder auf der Matte zu stehen. Mit der Hoffnung im Bus noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, stiegen wir mit einer weiteren Gruppe in den Bus ein, der uns nach Manthali fuhr. Der Bus bot viel Platz, sodass wir uns alle gut verteilt hinlegen konnten. Der Schlaf im Bus war nach verlassen von Kathmandu wie der Belag der Straße: Keine Option. Durchgeschüttelt und nicht weniger müde sind wir kurz vor um 6 Uhr am Flughafen Ramechhap angekommen, um unser Gepäck abzugeben und die Boarding Card zu erhalten. Aus unserer Sicht lief hier alles absolut chaotisch ab, aber Nima hatte das im Griff und so klappte auch alles.
Absolut unpünktlich wurde uns dann gewunken, dass unser Propellerflieger bereit ist, um uns nach Lukla zu fliegen. Lukla, der gefährlichste Flughafen der Welt. Und das zu Halloween, wie passend.
Weil die Flieger hier nur begrenzt Platz haben, folgten wir einem anderen Guide, der mit im Flieger saß und uns in Lukla zum Treffpunkt führte, um dort auf Nima zu warten, der erst mit dem nächsten Flieger nachkommen konnte. Also machten wir in Lukla erstmal die Beine lang und genossen Sonnenschein und Tee. Bevor wir losmachten, kamen unsere Porter (Träger), schnappten sich unser Gepäck und machten sich bereits auf den Weg. Nachdem auch Babu, unser Assistenz-Guide, zu uns gestoßen ist, ging es für alle los.
Zum ersten Mal in richtig anspruchsvollem Gelände mit meinen neusten Wanderschuhen. Es fühlte sich sehr komisch an, nachdem ich nun rund zwei Jahre alles in Laufschuhen erwandert habe, wieder großes und festes Schuhwerk zu tragen. Bequem ist anders, aber ich bin schon zufrieden, welche gefunden zu haben, die nicht mit meiner Verletzung von vor über zwei Jahren in die Quere kommen.
Die Wege waren größtenteils mit Steinen gesetzt, wo es hochging mit Treppen. Tendenziell ging es bergab, aber wie jeder Weg ging auch dieser hoch und runter. Bewegt haben wir uns zwischen 2800 und 2500 m. ü. M.
Phakding liegt komplett im Hang, was mir etwas Sorgen machte, denn heute bin ich noch nicht gelaufen. Aber was blieb mir übrig? Also Laufschuhe angezogen und gelaufen, wo es ging. Eine Meile gerade so geschafft, danach noch 400 m bergauf. Was ich gelernt habe? Hängebrücken eignen sich nicht zum Laufen.
Wie wir hier schon festgestellt haben, mal abgesehen davon, dass das Essen hier echt schmeckt: Hier essen sie gerne viel und mit Löffel; ich bin zu Hause.
01.11.2022 | Phakding – Namche Bazar | “Rauf, rauf, rauf, immer schön die Treppe rauf!”
Die erste Nacht, in meinem extra für diese Reise gekauften Schlafsack, verlief schon mal super. So müde wie ich war, hätte ich aber vermutlich auch überall geschlafen, so war es aber auch gemütlich warm. Bin ich ja mal gespannt, ob das auch bei niedrigeren Temperaturen so bleibt.
Da ich wusste, dass wir heute wieder in einem hügeligen Ort enden werden, bin ich bereits um 6 Uhr aufgestanden, um meine 2 km in der Morgenfrische und bei bereits bekanntem Gelände zu laufen. Glücklicherweise gab es ein Stück Weg von 50 m, das “flach” war. Dort einen km gelaufen, ging es doch noch Berg runter, um dort noch zwei dreimal hin und her zu laufen, bevor es im run / walk wieder Berghoch ging.
Kurz gewaschen und die letzten Sachen gepackt, ging es zum Frühstück. Ich muss mir merken, hier mehr zu bestellen, denn das Frühstück fällt im Verhältnis doch eher klein aus.
Mehr oder weniger gesättigt ging es los. Um von 2500 auf 3443 m. ü. M zu kommen, hieß es heute viel Berghoch. Damit es auch sicher lustig wird, waren die zu bewältigenden 1000 hm nicht gleich verteilt, sondern hauptsächlich auf dem zweiten Teil liegend.
Schritt um Schritt ging es den Berg hoch, jede Stunde eine Trinkpause. Während ich bei der zweiten Trinkpause wieder alles einpackte, kam ein Rind vorbei, das zuerst Sandy, dann mich ableckte. Wir gehören dann wohl nun zu einem nepalesischen Rinder-Clan. (Großes Sorry an die Šášov-Kozy, ihr habt mich nun leider verloren.)
Verfrüht gab es bereits um 11 Uhr bei der letzten Versorgungsstation Mittagessen, bevor es so richtig losging.
700 hm auf 5 km. Diese 5 km fühlten sich an, als würden sie ewig dauern und wir brauchten auch knapp drei Stunden dafür. Ich war mir nicht sicher, ob es der Rücken, Dehydration oder die Höhe (oder alles) das Problem war, aber auch noch mit Kopfschmerzen da hoch zu kriechen, war zusätzlich erschwerend. Größte Motivation war, zu wissen, dass ein Ruhetag folgen wird.
“Short steps and steady slow pace!”, war das Motto und so schlichen wir diesen Berg hoch. In Namche Bazar angekommen, erfuhren wir auch gleich, dass unsere Unterkunft, wie könnte es auch anders sein, ganz oben am Berg steht. Also auch hier nochmals unzählige Treppenstufen hoch, um komplett erschöpft oben anzukommen.
Tränen traten in die Augen. Wenn ich hier schon am Anschlag bin, wie soll ich das denn noch weiter schaffen? Kurz durchgeatmet, bezogen wir das Zimmer, um vor allem in die Dusche zu kommen, bevor die andere große Gruppe auf dieselbe Idee kommt.
Während wir uns für die Dusche anstellten, gaben wir Nima die Bestellung fürs Abendbrot durch. So auch noch nie erlebt, aber was Neues erleben, deshalb sind wir doch hier.
Um meinem Rücken etwas Gutes zu tun, habe ich mich erstmal zu einer Runde Yin Yoga und Meditation hingelegt. Hier bereits ein paar Mal eingenickt, habe ich mich auch gleich noch etwas hingelegt. Etwa eine Stunde vor Abendessen bin ich zu den andern im Aufenthaltsraum gestoßen, um weiterzuschreiben und Tee zu trinken. Tee, etwas, das wir hier noch literweise trinken und gerade bei niedrigeren Temperaturen sehr zu schätzen wissen werden.
Gut gesättigt haben wir den Abend ausklingen lassen, bis wir nach und nach alle ins Bett gegangen sind.
02.11.2022 | Namche Bazar – Khumjung – Khunde – Namche Bazar | “Ruhetag? Ha ha ha!”
Kaum aufgewacht, habe ich noch im Schlafsack erstmal eine Tasse warmen Tee aus meiner Holztasse getrunken. Die Thermoskanne war ein Geschenk von Uwe zu meinem letzten Geburtstag. Er wusste nicht, dass sie warmhalten würde und war eigentlich dazu gedacht, abends mit warmen Wasser zu füllen und zum Vorwärmen in den Schlafsack zu legen. Was soll ich sagen, die Kanne wird außen Null warm, hält aber den Tee für rund 18 Stunden warm. Die Holztasse ist von Amazon.
Von innen schön gewärmt, habe ich mich gleich in meine Klamotten gestürzt. Ich kann nicht sagen, wie kalt es war, aber man konnte den Atem sehen.
Da ich zwar auch diese Nacht acht Stunden geschlafen habe, aber nicht wirklich gut, trotz den warmen zusätzlichen Decken, ging es 7:30 Uhr noch verschlafen zum Frühstück. Auch mit doppelter Bestellung viel es noch sehr knapp aus, genoss den warmen Milchreis aber sehr.
Da ja heute Ruhetag war, haben wir uns erst gegen 9 Uhr wieder getroffen, um zur wunderschönen Aussicht hoch zu pilgern. Der Aufstieg hatte mit Ruhetag mal so gar nichts zu tun, war aber gut für die Akklimatisierung und lohnte sich auf jeden Fall.
Stolz zeigte sich der Lhotse in seiner ganzen Schönheit am Horizont. Ich kann es kaum glauben, dass ich ihn wirklich sehe, hier, mit eigenen Augen. So viel Liebe für diesen Berg!
Von dort aus ging es weiter nach Khumjung, wo es nicht nur Mittagessen gab, sondern auch eine Mala für mich. Nachdem Bestellen des Mittagessens, habe ich erstmal meine 2-km-Runde gedreht. Es war einer der härtesten Läufe bisher, hier auf über 3700 m. ü. M, mit leicht angespannten Waden. Aber Aufgeben ist keine Option. 20 Minuten für 2 km sind alles andere als rekordverdächtig, aber das spielt zum Glück keine Rolle. Pünktlich zum Essen war ich zurück. Hier kann man irgendwie alles bestellen und es schmeckt. Bisher halte ich mich sehr rar, was das Fleisch betrifft, trotzdem, oder genau deshalb schmeckt es super.
Anschließend ging es weiter nach Khunde und von dort aus, wieder alles bergab, zurück zur selben Unterkunft.
Die Kopfschmerzen vom Vortag waren wieder zurück und auf dem letzten Stück die Treppe hoch, richtig schlimm, starkes Pochen im Kopf. Um dem entgegenzuwirken, ging es gleich unter die Dusche, eine Schmerztablette als Ausnahme und Yoga mit Meditation zum Herunterkommen. Selbst sitzend beim Meditieren, bin ich immer wieder eingenickt. Ich würde mal wagen, zu behaupten, ich könnte müde sein. Nach diesem Prozedere waren auch die Kopfschmerzen weg.
Um das komplette Einschlafen zu verhindern, gesellte ich mich zu Uwe in den Aufenthaltsraum, der auch als einziger geheizt wird. Um uns etwas Gutes zu tun, gab es eine Kanne heisse Schokolade. In solchen Ausnahmesituationen darf man auch mal sündigen. Nach und nach stossen auch Hannes und Andreas dazu, pünktlich zum Abendbrot auch Simone. Auf Empfehlung von Nima gab es heute auch für fast alle eine Knoblauchsuppe als Vorspeise. Soll gut gegen Kopfschmerzen helfen. Wollen wir mal hoffen, sie hilft so gut, wie sie auch lecker ist.
Bei Tee und Gequatsche klingt der Abend aus, bevor wir wieder zum Packen und Schlafen im Zimmer verschwinden.
03.11.2022 | Namche Bazar – Thame | “In der Ruhe liegt die Kraft!”
Zur gewohnten Zeit, also um 7 Uhr, klingelte der Wecker. Schnell alle Sachen zusammengepackt und vorbereitet. Nach dem Frühstück um 7:30 Uhr ging es entspannt los. Entspannt, bzw. der Höhe angepasste, gemütliche Geschwindigkeit. Diese hat sich so bei 1 km / h eingependelt. Erscheint erstmal langsam (ok, ist es auch), aber in der Höhenlage ist alles etwas anders. Nach bereits zwei Stunden setzten wir uns schon wieder zum Mittagessen hin. Wir dachten, wir hätten noch keinen Hunger (außer ich, die immer Hunger hat), aber dank der nepalesischen Gemütlichkeit dauerte es so lange, bis wir Hunger hatten. Der Ausblick beim Mittagessen war einfach nur atemberaubend, wie die ganze Gegend hier.
Bereits kurz vor Mittag und auch danach ging es bei Anstrengung wieder mit Kopfschmerzen los. Der Vorteil heute allerdings, dass es nachlässt, wenn ich zur Ruhe komme. Für die, die wollten, konnten nach unserer Ankunft in Thame noch ein Kloster besuchen. Alle pilgerten den Weg hoch, während ich versuchte meine Meile zu Laufen. Den ersten Versuch habe ich nach knapp 100 m abgebrochen. Etwas verzweifelt bin ich ein paar Schritte gegangen und habe es noch einmal versucht. Diesmal fast alles bergab bis zur Brücke, um auf den knapp 10 m noch die letzten 200 m zu laufen. Ich hoffe wirklich, dass es in den nächsten zwei, drei Tage wieder leichter wird, wobei mir beim Laufen mehr die Beine als die Atmung zu schaffen macht.
Später zurück, da ich ja auch den Berg wieder hoch musste, waren auch die anderen wieder da, bereit zu duschen. “Duschen”. Heute gab es nur kaltes Wasser, womit sich nur Andreas und Hannes (mit Mütze auf) zu duschen wagten, während Simone, Uwe und ich nur gerade das Wichtigste wuschen. Um mir auch noch etwas Gutes zu tun, legte ich mich zum Yoga & Meditation hin, eingepackt in zwei dicke Wolldecken, da es hier oben doch sehr frisch wurde. In den Hütten hier sind nur die Aufenthaltsräume geheizt, wenn überhaupt, der Rest hat Außentemperatur. Entspannt und fünfmal eingenickt bewegt ich mich ins Warme, Tagebuch schreiben und den nächsten Tag planen.
Und dann war es auch schon wieder Zeit für Abendbrot. So viel wie hier habe ich wohl noch nie gegessen. Hannes legt sich, nachdem wir das Frühstück bestellt hatten, auch ziemlich bald hin, während wir andern noch etwas müde in der Wärme rumsaßen.
Zurück im Zimmer schätze ich sehr, dass ich mich mittlerweile ganz gut fühlte. Noch vor zwei Tagen liefen mir in Namche Bazar die Tränen, weil ich nicht wusste, wie ich nach der Tortur die restliche Tour schaffen soll. Jetzt gerade so, bin ich nur vom stetigen Tasche ein- und auspacken genervt, aber das gehört nun mal dazu. Da wir laut Nima ein ganz gutes Tempo laufen, bin ich sehr beruhigt. Hier gilt wohl auch “In der Ruhe liegt die Kraft”.
04.11.2022 | Thame – Lungdhen | “Heute werde ich nicht laufen!”
Schon kurz vor dem Frühstück kam Simone mit Tränen in den Augen zu uns, um mitzuteilen, dass sie und Andreas uns heute verlassen und zurück nach Namche Bazar gehen. Einen kurzen Moment habe ich mir überlegt mich anzuschließen, fühlte mich aber so weit gut, außer müde, und wollte es anpacken.
Nach dem noch gemeinsamen Frühstück verließen uns Simone und Andreas mit ihrem Träger. Für sie wurde eine andere Tour mit etwas mehr Ruhetag eingeplant und wir sollten sie in Chukhung wieder treffen. Soweit Plan B.
Kurz nach ihnen gingen auch wir los. Slowly and steady ging es gleich wieder Berghoch. Die ersten drei Stunden auf dem für Nepalesen flachen Gelände, lief es sehr gut. Bis zu dieser ersten Brücke. Die Kopfschmerzen haben wiedereingesetzt und auf dieser Brücke ist es dann geschehen. Ich hörte mein Herz zerbrechen, an dem Gedanken “Heute wirst du nicht laufen!”. Nach 700 Tagen ist es nun so weit, ich musste meinen Streak begraben.
Wie ich es übermorgen über den Pass schaffen soll? Gar nicht! Das letzte Stück heute ging gerade noch irgendwie so. Hannes und Uwe haben auf dem letzten Stück meinen Rucksack abgenommen; zusammen mit Nima und Babu liefen sie hinter mir, als würden sie nur noch darauf warten, mich anschieben zu müssen. Mit pochenden Kopfschmerzen und Atemschwierigkeiten seit der 4000 m-Grenze fühlte sich das alles einfach nicht mehr gut an.
Angekommen habe ich mich erstmal zum Yoga und Meditation hingelegt, danach auch etwas geschlafen. Die Kopfschmerzen wieder da. Ob sie nun von der Höhe oder aus dem Rücken kommen, vermutlich beides, nicht bekannt.
Nachdem sich alle im Aufenthaltsraum eingefunden haben, ging es los, Plan C musste her. Ergebnis: Hannes wird mit Babu und dem Träger, der jetzt noch mit Fieber im Bett liegt, bereits morgen über den Pass gehen; Uwe und ich gehen zusammen mit Nima zurück nach Namche Bazar. Dort werden wir zusammen mit Simone und Andreas schauen, wie es weitergeht. Hannes dreht fast durch, weil er nun alleine weitergeht, aber wir sind sehr zuversichtlich, dass alles gut gehen wird. Seine Kamera möchte er Babu geben, da er es in diesem Urlaub mit Fotos machen nicht so hinbekommt.
Nachdem ich heute doch schon öfters weinen musste, weil es einfach so gar nicht läuft, wie es sollte, habe ich trotzdem beschlossen, egal wie es weitergeht, das Beste aus den Tagen hier zu machen und die Zeit zu genießen.
05.11.2022 | Lungdhen – Namche Bazar | “Geht! Rückwärts und bergab, aber geht!”
Was für eine Nacht! Nachdem ich kurz vor neun schon eingeschlafen war, wachte ich gerade mal drei Stunden später wieder auf und der Alptraum begann. Jedes Mal beim Einnicken war da dieses Gefühl, ich würde aufhören zu atmen, habe mich erschrocken, aufgewacht und erstmal tief Luft holen. So ging das zwei Stunden lang, kurz davor Panik zu bekommen, ich würde ersticken. So halb sitzend in der Ecke, total unbequem, klappte es irgendwie mit der Atmung und ich konnte wieder einschlafen. Für eine Stunde. Etwas umgedreht und anders liegen wieder eingeschlafen. Für eine Stunde. Wollte mich noch etwas anders hinlegen, Atmung klappte aber nur sehr bedingt. Nachdem ich mich bei der Kälte (es müssten rund -10⁰ draußen gewesen sein) das zweite Mal aufs Klo bemüht hatte, schlief ich mit den Beinen über die Bettkante hängend doch wieder irgendwie ein, diesmal für zwei bis drei Stunden. Bereits um 6 Uhr wachte ich wieder auf und beschloss, dass es sich nun auch nicht mehr lohnte, weiterzuschlafen. So blieb ich einfach nur noch etwas in meinem warmen Schlafsack und der Decke eingekuschelt liegen. Punkt 7 Uhr sollte ich Uwe wecken, allerdings war er heute mal schneller.
Nun ging das tägliche Prozedere wieder los: Anziehen, Tasche packen, Frühstücken. Als ich meine Tasche in den Flur packte, sah ich, dass Hannes’ auch noch da war, obwohl er eigentlich schon seit einer Stunde unterwegs sein wollte. War er aber nicht. Hannes’ Nacht war genauso schlimm wie meine, was ihn dazu brachte, mit uns runterkommen zu wollen. Kurz vor dem Frühstück beschloss er dann in Lungdhen einen Ruhetag zu machen und wie geplant morgen über den Pass zu gehen. Er fühlte sich nur müde, sonst aber topfit, das erschien ihm ein guter Plan zu sein.
Vom Frühstück gestärkt ging es für Uwe und mich mit Nima Richtung Namche Bazar. 18 km und rund 1300 hm bergab, 400 hm bergauf. Ob das gut geht?
Da es größtenteils bergab ging, kamen wir sehr zügig vorwärts und hatten bereits nach drei Stunden Thame erreicht, wo wir am Tag zuvor übernachtet hatten, also in der Hälfte der Zeit. Da wir hier bereits nichts tu tun hatten, gingen wir auf einem anderen Pfad am Dorf vorbei weiter. Wie bereits zwei Tage davor haben wir uns innerhalb des Klosters in Thamo bei der atemberaubenden Aussicht zum Mittagessen hingesetzt. Wie wir die letzten Tage gelernt haben, ist hier Mittagessen sehr entspannt, unter einer Stunde geht nicht. Aber wir haben ja schließlich auch Urlaub und Zeit.
Von da an waren es noch knapp 5 km bis Namche Bazar, allerdings auch mit zwei Drittel der bergauf Metern. Diese gingen dank der Einnahme von Ibuprofen ganz gut, ohne Kopfschmerzen, aber eben leider auch nur so.
In Namche Bazar sahen wir Andreas bereits auf der Hotelterrasse stehen und uns zuwinken. Nur noch kurz den Endgegner (letzte Treppe) hoch. Was freute ich mich, nach zwei Tagen Kälte auf die warme Dusche. Während ich mich noch beim Yoga ausdehnte und meditierte, saßen die andern bereits bei Tee zusammen. Ich setzte mich dazu und es folgte der Austausch des aktuellen Standes und wir überlegen, wie es weitergeht. Auf meinen Wunsch gibt es morgen erstmal einen Ruhetag. Erstmal etwas herunterkommen und dann schauen, wie es weitergeht. Dass es mich hier so zerlegen würde, hätte ich echt nicht gedacht, kann es aber leider auch nicht ändern.
So ließen wir auch diesen Tag nach dem Abendessen zu viert ausklingen. Auf Bestehen der anderen lernte ich schon fast im Halbschlaf noch in einer Stunde, bevor Bettzeit war, wie man Doppelkopf spielt.
06.11.2022 | Namche Bazar | “Erster richtiger Ruhetag!”
Ruhetag. Endlich. Nach nun zwei Tagen sind in der letzten Nacht die Halsschmerzen doch noch wie erwartet gekommen. Atmen nachts ging etwas besser, gut ist aber anders. Immer noch dieses Gefühl, der Körper vergesse zu atmen.
Da heute Ruhetag ist, gab es auch erst um 8 Uhr Frühstück, man könnte ja ausschlafen. Klang in der Theorie auch besser, als es klappte. Durch diese dünnen Holzwände hört man ja auch alles. Glaubt mir, wirklich alles.
Während Uwe, Andreas und Simone einen kleinen Spaziergang zu einem Aussichtspunkt unternommen haben, habe ich mich wieder zurück ins Bett gelegt. Mit Yoga und Atemübungen, hauptsächlich dem bekannten Ocean Breath, ging das auch ganz gut. Sobald ich aber die Atmung dem Körper wieder überließ, kam auch das bekannte Problem zurück. Trotzdem konnte ich nochmals die Augen schließen und für eine Stunde schlafen.
Da es nun auch schon kurz vor Mittag war, zog ich mich an und wollte noch etwas an die Sonne raus setzen, als ich die anderen auch gleich schon vom Berg herunterkommen sah.
Nach einer kurzen Pause und etwas Vitamin D tanken, war es auch schon wieder Zeit für Mittagessen. Nach nun einer Woche kann ich doch sagen, hier noch nie schlecht gegessen zu haben. Damit ich gestern nicht umsonst um Halbschlaf Doppelkopf spielen gelernt habe, wird der Nachmittag als Spielrunde genutzt. Dies haben wir, außer beim Abendbrot auch gleich so durchgezogen, bis es dann um 9 Uhr ins Bett ging.
Langsam wird das mit dem normalen Atmen auch wieder, aber wirklich nur ganz langsam.
07.11.2022 | Namche Bazar | “Immer langsam!”
Wieder eine etwas bessere Nacht, ganz langsam wird es besser, aber wirklich nur langsam. Die Herz- und Atemfrequenz scheint sich beim Schlafen langsam, aber stetig etwas zu normalisieren, jedoch bleiben die Atemausfälle nachts noch immer. Wie auch gestern, klappt es mit konzentrierter Atmung sehr gut, nur nicht beim Schlafen, wenn der Körper selbst regeln muss, ist es noch schwer. So habe ich auch diese Nacht wieder zwei Stunden wach gelegen. Insgesamt fühlt sich aber doch alles besser an.
Zum Frühstück kam Nima noch mit einem neuen Plan. Mit Andreas und Uwe wird er in zwei Etappen nach Gokyo hochgehen, dort auf Hannes treffen und noch einen Pass überqueren. Langsam beginne ich zu verstehen, warum Nima meinte, dass normalerweise nicht alle drei Pässe gemacht werden …
Nach dem Frühstück wurden wieder Taschen gepackt und die Jungs zogen los. Ich habe meine Sachen auch zusammengepackt und bin runter zu Simone ins Zimmer gezogen. Eines der größten und wenigen Zimmer im Himalaya mit eigenem Klo und Waschbecken; Luxus pur.
Um bei nur leicht bewölkt Wetter (was nach einer Woche Sonnenschein schon fast ungewöhnlich war) doch nicht nur im Zimmer herumzusitzen, bewegten wir uns erst einmal von der Unterkunft entlang der Haupttreppe bis ganz nach unten. Und ja, genau, die Hauptstraße hier ist eine Treppe. Unten angekommen setzten wir uns ins Stupa Cafe für Kaffee bzw. heiße Schokolade und Kuchen. Noch in der Unterkunft sind wir auf Adi gestoßen, der hier ebenfalls unterwegs war, und mir die heiße Schokolade empfahl, da er mir offensichtlich ansah, wie ich mich fühlte. Die soll mir helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Also wollte ich diesem Rat auch folgen. Dazu gab es Möhrenkuchen, den ich eigentlich nur traditionell aus der Schweiz kenne, musste ich also probieren. Da ich derzeit ja eh nicht laufe, kann ich mir auch die Zuckerdiät sparen, nochmals so richtig was gönnen, bevor das Training wieder beginnt. Er schmeckt hier natürlich anders, aber ebenso sehr gut.
Dann hieß es die 100 hm auf nicht mal einem Kilometer wieder hoch. Ganz langsam. Schritt für Schritt ging es hoch, Abzweigung in die Seitengassen, nur um etwas flach gehen und die angebotenen Sachen anschauen zu können. Nachdem ich mich gestern so absolut gar nicht bewegt habe, tat es gut, heute wieder draußen zu sein, aber Bäume ausreißen musste noch etwas warten.
Knapp 15 Minuten später fanden wir uns im nächsten Kaffee, Tee trinken. Zur Abwechslung gab es diesmal und auch das einzige Mal einen Jasmin Tee. Dann ging es wieder weiter. Unterwegs wurden wir von anderen Touristen nach der Unterkunft gefragt, aber ich glaube, die Tatsache mit ganz oben am Berg hat dann doch abgeschreckt.
Kurz vor dem letzten Stück haben wir direkt einmal beim Friseur nachgefragt, was denn einmal schneiden, waschen, trocknen kosten würde. Wir haben ja Zeit hier, es uns die nächsten Tage gut gehen zu lassen und nur hier gab es einen Föhn.
Zurück habe ich es mir dann erstmal gemütlich gemacht, Zeugs sortiert und geschaut, was an Wäsche noch da ist. Wenn man schon acht Tage hier “gestrandet” ist, kann man sich es auch gemütlich machen.
Mittlerweile war schon wieder Mittag und es stellte sich die Frage nach Essen. Wir schauten einmal im Speisesaal nach und lernten, dass man bitte das Mittagessen vorbestellen soll, da sonst keiner hier ist. Dennoch gab es für uns eine leckere Pizza und wir werden es uns merken. Während wir beim Essen waren, trudelte auch die von Ang Phura, die Hausherrin, angekündigte vierer Truppe ein.
Während ich gestern noch Witze über die im Tal hinten befindenden Regenwolken gemacht habe, von wegen “das Armageddon kommt langsam das Tal hoch”, ist es nun draußen auch schon sehr neblig geworden.
Um 3 Uhr rum rief dann mein Rücken nach seiner täglichen Yoga Session, der Kopf nach Meditation.
Danach wollten wir uns einmal etwas über Namche Bazar informieren, das Tor zum Himalaya und die Hauptstadt der Sherpas. Während dem lesen trat Henry, der erste aus besagter Truppe in den Raum und gesellte sich zu uns. Nach und nach kamen auch die anderen, Wolfgang, Fabian und Jana, dazu. So saßen wir als eine große Gruppe zusammen und genossen auch ein gemeinsames Abendessen. Anschließend folgte ein Video-Call, um uns kurz mit unseren Jungs am Berg, Andreas und Uwe, auszutauschen. Mittlerweile haben sie auch etwas von Hannes gehört, der in Gokyo ist und auf die beiden wartet. Allen geht es gut!
08.11.2022 | Namche Bazar | “Müde vom Schlafen!”
Es wird langsam. Die Nächte haben immer noch lange Wachphasen, der Hals zickt rum, Atmung setzte manchmal (aber schon deutlich seltener) noch aus. Wirklich erholsam ist das nicht. Also ging es immer noch müde vom Schlafen Punkt 8 Uhr zum Frühstück. Etwas später, als bisher gewohnt, aber wir haben ja Zeit.
Bis knapp um 10 Uhr noch etwas die Zeit verbummelt, bevor es losging. Ganz fit fühlte ich mich noch nicht, aber wollte es mal wieder wagen, mich etwas weiter zu bewegen. Also ging es erstmal ganz langsam den Berg hoch, um dann gemütlich dem Highway zum Mt. Everest zu folgen und den Ausblick auf den Lhotse nochmals zu genießen.
5 km und zweieinhalb Stunden später fanden wir uns am oberen Rand von Namche Bazar wieder und überlegten uns, was wir weiter tun wollen. Ganz unten Mittagessen und dann langsam wieder hoch schlendern klang nach einem guten und machbaren Plan.
Zu Mittag gab es «Swiss Rosti», man muss ja schauen, ob die hier auch schmecken. Tut es, etwas anders, aber auch super und mit gefühlten 10 kg Knoblauch dazu. Das Ganze wurde abgerundet mit einer heißen Schokolade, bevor wir uns wieder gemütlich auf den Weg hoch machten.
Eigentlich wollten wir in der uns bereits bekannten Bäckerei unterwegs noch einen Tee trinken und vielleicht etwas Süßes naschen, konnten sie aber heute irgendwie nicht mehr finden. Dafür fanden wir in einer Seitenstraße über Treppen versteckt eine deutsche Bäckerei, wo wir uns einen Tee gönnten und ein Chocolate Danish zum Mitnehmen für mich. Hätte ich gewusst, wie lecker das Ding ist, hätte ich mehr als eines mitgenommen.
Zurück an der Unterkunft erstmal etwas gequatscht, bevor ich mich dann noch schnell vor der neu eingetroffenen großen Gruppe in die Dusche bewegte; war nach drei Tagen auch mal wieder Zeit. Erfrischt und sauber legte ich mich zu meinem täglichen Yoga und Meditation hin.
Entspannt und ausgeglichen kümmerte ich mich um die Bestellung des Abendbrots und wir gesellten uns wieder im Aufenthaltsraum zur gestrigen Truppe dazu. Mit gutem Abstand zur heute eingetroffenen Gruppe, bei der auch alle krank zu sein scheinen. Wir nennen es das Wander-Virus, das muss es sein.
Hungrig werden bereits die Minuten gezählt, bis es endlich so weit ist und es Abendbrot gibt und ausnahmsweise mal nicht nur von mir.
Hier ist es üblich, dass der Guide einer Gruppe sich um die Bestellung und die Bedienung in den Unterkünften kümmert. Da wir derzeit keinen haben, machen wir die Bestellung selbst und jemand aus der Küche bringt uns das Essen. Seit dem Zusammen sein mit dieser Gruppe, hat ihr Guide Dawa, die Bedienung für uns gleich mitübernommen, ganz selbstverständlich scheint das für ihn zu sein.
Nachdem alle satt waren (ja, auch ich) haben wir uns noch etwas bei netten Gesprächen unterhalten, bevor es um neun wieder ins Bett ging. Vielleicht klappt es ja heute mal mit schlafen?
09.11.2022 | Namche Bazar | “Neuer Haarschnitt gibt es auch in Nepal!”
Neun Stunden Schlaf, nicht der Beste, aber immerhin. Herz- und Atemfrequenz immer noch sehr hoch, zwei Wachphasen. Mittlerweile haben diese Wachphasen Routine, um wieder einschlafen zu können. Schnell heißt hier in weniger als einer Stunde. Bonbon, Klo, trinken, Nase putzen, Bonbon Nr. 2. So scheint das ganz gut zu klappen. Geschlafen bis zum Weckerklingeln um 7:30 Uhr, um 8 Uhr war es wieder Zeit fürs Frühstück und auch Zeit uns von Henry, Wolfgang, Fabian und Jana zu verabschieden, in der guten Hoffnung, sie in den nächsten vier Tagen hier nicht mehr anzutreffen.
Nach dem Frühstück und etwas Zeit verbummeln (haben ja genug davon) war es dann so weit, heute war der große Tag: Wir gehen in Nepal zum Friseur, für mich das erste Mal überhaupt wieder ein Friseur-Besuch nach über zehn Jahren.
Um krank werden zu vermeiden (hat ja super geklappt) und weil es auch nicht nötig war, habe ich die letzten eineinhalb Wochen auf das Haarewaschen in dieser Kälte verzichtet. Nun wurde es aber doch mal Zeit und mein Undercut wucherte auch schon so vor sich hin. Schneiden, waschen, trocknen: 2000 Rupien, also 16€. Dasselbe Programm gab es auch für Simone.
Frisch herausgeputzt ging es durch Namche Bazar runter in unser Stammcafé, dem Stupa Cafe. Bei Kaffee, Kuchen, Tee und heißer Schokolade haben wir uns einmal bereits weitere mögliche Reisen angeschaut. Montenegro klang sehr verlockend. Aber mal schauen, die nächsten zwei Jahre sind bei mir ja bereits verplant.
Nach gut zwei Stunden zogen wir weiter, zur Bäckerei. Da ich noch genug von meinem Stück Brownie-Kuchen hatte, beschloss ich heute noch auf den Chocolate Carrot Cake zu verzichten und mir beim anderen Bäcker wieder ein leckeres Chocolate Danish zu holen, ein Schoko Croissant gab es dazu.
Langsam und mit einem Shopping Stopp ging es wieder den Berg hoch zur Unterkunft.
Da es noch sehr warm war, beschloss ich heute, meinen leichten Schlafsack als Yogamatte zu nutzen und mich draußen unter freiem Himmel zu verbiegen. Traumhaft.
Eine Stunde später zogen die Nebelschwaden doch wieder langsam auf und wir erzogen uns nach drinnen um zu Lesen / Schreiben. Dick eingemummt in unsere Decken versuchten wir die Zeit durchzubekommen. Der dichte Nebel der letzten paar Tage machte es etwas ungemütlicher, aber zumindest die Vormittage sind noch sonnig und warm.
Immer wieder hören wir Leute ein und aus gehen (man hört hier aber auch wirklich alles) und sind schon mal gespannt, wen wir heute beim Essen antreffen werden. Theoretisch müsste die Gruppe, die mit uns startete, auch die Tage wieder zurückkommen. Wann das allerdings genau sein soll, wissen wir nicht. Heute war es auf jeden Fall nicht.
Hungrig und müde machten wir uns in den Aufenthaltsraum, wo schon einiges los war. Keine große Gruppe, aber dafür viele einzelne waren dabei. Genüsslich aßen wir unseren Sherpa Stew, der gefühlt nach Schärfe eigentlich alle Keime im Kopf töten müsste, nur leider so nicht funktionierte.
Um die Zeit bis Bett noch rumzubekommen, spielten wir ein ganz witziges Handy-Game, bevor auch wir diesen Tag für beendet erklärten.
10.11.2022 | Namche Bazar | “Stupa Cafe – Man kennt uns!”
Seit ich hier in Nepal bin, habe ich noch keine Nacht richtig gut geschlafen und das sollte sich auch in dieser nicht ändern. Ich habe zwar rund acht Stunden geschlafen, aber dazwischen auch noch etwa drei Stunden wach gelegen. Was sich die letzten Tage wie ein Schnupfen anfühlte, ist nun zur Stirnhöhlenentzündung geworden. Also wird das wohl auch heute nichts mit Mittagessen in Thamo.
Aber erstmal aufstehen. Ganz kurz vor Frühstück aus dem Bett gekrochen und schnell angezogen. Einmal mehr gab es heute für mich Tibetisches Brot, einfach nur lecker.
Gesättigt und so bereit wie es nur geht, wollten wir uns etwas bewegen. Erstmal bis zum Heli Pad und dann schauen wir weiter. Diese knapp 600 m den Berg hoch haben mich schon komplett fertiggemacht. Dieser Zustand, sich kaum bewegen zu mögen, zerrt langsam auch ganz schön am Gemüt. Gerade nachts und auch Frühs verstärkt sich eine innere Unruhe. Es ist nicht einfach zu wissen, eben noch vor kurzem einen absolut genialen Halbmarathon gelaufen zu sein und nun schon beim Gehen nach ein paar Metern komplett fertig zu sein.
Beim Heli Pad angekommen, haben wir uns erstmal hingesetzt und etwas ausgeruht. Zumindest Simone geht es schon wesentlich besser, wenn auch sie noch von einer laufenden Nase geplagt wird.
Da auch heute noch nicht der Tag zum Bäume ausreißen war, beschließen wir zurück nach Namche Bazar, runter ins Stupa Cafe zu gehen und es uns dort wie jeden Tag gemütlich zu machen.
Wir werden mit einem großen Lächeln begrüßt. Leider war unser Stammplatz an der Sonne besetzt, wechselten aber dort hin, sobald er frei wurde. Da wir nichts zu lesen mit hatten, hat uns Simone zwei Bücher ausgesucht, die dort auslagen. Für sich wählte sie «Der Alchimist», ich bekam «In eisigen Höhen». So haben wir bei Tee und Kaffee rund dreieinhalb Stunden gelesen, geschrieben, gezockt.
Weil wir schon da waren und wussten, dass auch das Essen gut ist, gab es hier auch gleich Mittagessen. Ich wollte eigentlich einen Chicken Burger, da allerdings das Chicken gerade alle war, gab es eben ein Büffel Burger. Wieder ein erstes Mal, aber hat super geschmeckt. Für Simone gab es doch noch ein Stück Hühnchen und für uns beide, wie es sich gehört, Pommes dazu.
Als wir wieder etwas gestärkt warn und uns auch emotional dazu bereit fühlten, machten wir uns wieder auf den Weg, die knapp 100 hm zur Unterkunft zu überwinden. Natürlich nicht ohne beim Bäcker anzuhalten. Heute war es endlich soweit und ich gönnte mir ein Stück Chocolate Carrot Cake. Um es zu genießen, musste ich allerdings noch etwas warten, bis wir oben angekommen sind. Dort saßen auch bereits zwei Neuankömmlinge vor der Tür. Ein Südafrikaner und ein Australier, die sich im letzten Jahrhundert in London kennengelernt haben und seither gemeinsam reisen.
Da es schon wieder mehr als ein Tag her war, stellte ich mich auch mal wieder unter die heiße Dusche. Nicht dass ich bei dem bisschen, bei dem ich mich bewege, wirklich schwitzen würde, aber weil es einfach guttut. Wie jeden Tag legte ich mich danach zum Yoga hin. Gerade in diesen Tagen merke ich, wie wichtig es für mich ist, diese tägliche Routine beizubehalten; der Anker in dieser nicht ganz einfachen Zeit.
Um fünf bewegten wir uns in den Aufenthaltsraum, in der Hoffnung, der Ofen sei bereits an; und das war er auch. Was für ein Glück. Bis zum Abendbrot war es noch etwas hin, aber wir bekamen bereits einmal einen Tee.
Eine in Kanada lebende Ukrainerin gesellte sich zu uns. Sie ist derzeit noch alleine unterwegs und von Salleri hoch gelaufen gekommen (nicht wie die meisten nach Lukla geflogen), hofft aber hier noch Begleitung für die drei Pässe zu finden. Und so ging mit quatschen die Zeit doch etwas schneller rum.
Während ich sonst all die Tage Simones Reste auch immer mitgegessen habe, fiel es mir heute schon schwer, mein eigenes Essen fertig zu bekommen. Aber tapfer habe ich durchgehalten.
Gespannt, wie die nächste Nacht werden würde, legten wir uns ins Bett. Ich tippe mal auf schlechtes Atmen mit Halsschmerzen. Und viel Zeit wach.
11.11.2022 | Namche Bazar | “Ich habe meine Stimme verloren!”
Ich habe meine Stimme verloren. Dank Ibuprofen und GeloRevoice habe ich zwar relativ gut geschlafen, aber mein Hals ist nun wohl ganz hinüber. Flüstern geht gerade noch so. Nun wird der ruhige Tag wohl auch noch leise.
Beim Frühstück habe ich von der Ukrainerin ein Antibiotikum bekommen. Da ich mich aber bei der Einnahme von so starken Mittel unwohl fühlte, hat Simone mit ihrer Schwester und Tochter, beides Ärztinnen, Rücksprache halten wollen, ob es Sinn macht Antibiotika zu nehmen und wie es eingenommen werden muss. Die Antwort musste aber noch etwas waren, da es in Deutschland erst 5 Uhr Frühs war.
Zusammen mit Ang Phura ging Simone heute zum Markt, während ich einfach nur im Bett bzw. auf dem Fensterbrett bleiben wollte. Dieses ist groß genug, sich einzukuscheln und gleich die voll strahlende Sonne zu tanken. Und da blieb ich auch und begann schon mal die Texte hier abzutippen. Irgendwann konnte ich mich ganz aufs Bett in die Sonne legen, bevor ich dann andersrum zurück auf die Fensterbank wechselte. Etwas mehr als vier Stunden habe ich dagelegen und einfach nur Energie getankt.
Weil ich schon vermutete, dass Simone etwa gegen zwei zurück sein wird, habe ich kurz davor noch mit Yoga und der Meditation begonnen. Und tatsächlich kam sie auf die letzten Atemzüge rein.
Weil ich ja Zeit hatte, um aus dem Fenster zu gucken, hatte ich auch Zeit, dem einen beim Essen von einem super leckeren Croissant aus der Bäckerei Hermann zuzuschauen und bereute es gleich, Simone gesagt zu haben, sie brauche mir nichts mitzubringen. Dafür brachte sie mir aber bunte Pillen mit. Gelbe, sechs Stück. Antibiotika; rezeptfrei und für 4€. Hoffen wir mal, die bringen die erhoffte Heilung, schließlich muss ich in zwei bis drei Tagen wieder den Berg runter. Und das will ich unbedingt auf eigenen Beinen machen.
Simone musste heute leider auch alleine das Stupa Cafe besuchen, berichtete aber, dass ich dort schon vermisst wurde. Morgen wieder, ich hoffe, dann komme ich die Stufen wieder runter; und vor allem auch wieder hoch!
Da sich die Sonne langsam verdrückte und wir noch Essen bestellen mussten, wackelten wir, nachdem Simone von der Dusche, die ich auch gerne gehabt hätte, mir aber von Ang Phura verwehrt wurde, zurück war, hoch.
Wir tun wieder alles, um die Zeit totzuschlagen, diesmal auch Postkarten an unsere Kinder schreiben. Und so ziehen die Stunden vorbei. Man spricht schon fast jeden an, damit es nicht ganz so langweilig wird.
Nach nun sechs bzw. sieben Tagen werden wir nun hier zur Familie erklärt. Wir sind angekommen.
Warum wir immer noch so spät Essen bestellen, um dann auf die Uhr zu gucken, wann es endlich so weit ist, ist mir ein Rätsel. Bestimmt auch nur, damit wir nicht mehr ganz so lange bis Bett warten müssen.
Kurz vor Essen haben wir uns doch nochmals umgesetzt, nur um näher am Ofen zu sein. Nach dem Essen gab es dann die ersten Antibiotika. Ich hoffe sehr, dass die mich bis zur Abreise in drei Tagen wieder fit machen.
Auch heute wird die Zeit wieder mit zocken, schreiben und lesen vertan, bis es dann endlich so weit war, um 9 Uhr ins Bett zu gehen.
12.11.2022 | Namche Bazar | “Auf Wiedersehen, Lhotse!”
Sieben Tage in Namche Bazar, wieder eine schlechte Nacht. Die Antibiotika scheinen zwar körperlich zu helfen, aber der inneren Unruhe so gar nicht. Es ist absolut nervend, sich nicht so bewegen zu können, wie man möchte. Hilft aber alles nicht, geht weiter. Beginnend mit Frühstück. Milchreis, weil mir Ang Phura nichts Frittiertes geben wollte, bis es mir wieder besser geht. Man kümmert sich um mich.
Danach wollten wir mal unseren Deckel bezahlen, um zu schauen, ob wir auch noch genug Geld haben. Nach so vielen Tagen verliert man da doch mal den Überblick. Wir bekommen je einmal Duschen kostenlos dazu.
Nachdem ich gestern wieder nur gelegen habe, wollte ich es heute doch mal wieder mit etwas mehr Bewegung versuchen. Also wagten wir die Stufen zum Everest Highway hoch, hin bis zur zweiten Stupa. Nochmals den anmutigen Lhotse, umgeben vom Mt. Everest und Ama Dablam, sehen.
Auf dem Weg zum Stupa Cafe machten wir noch kurz einen Stopp in der Unterkunft, bevor es wieder die so bekannte Haupttreppe runterging. Gleich bei Ankunft wurde sich nach meinem Wohlbefinden erkundigt, nachdem ich gestern nicht anwesend war. Gemütlich an unserem Stammplatz eingerichtet, gab es erstmal eine heiße Schokolade und einen Caramel Macchiato für Simone. Beim Lesen und Schreiben ließen wir die Zeit vergehen, gönnten uns «Swiss Rosti» zu Mittag.
Und so sahen wir heute einmal von unten im Ort, wie die Wolken und der Nebel aufzogen und Namche Bazar zum Nachmittag verschlang.
Auf dem Weg nach oben hielten wir noch kurz an einer Wechselstube an. Bei so viel Freizeit hat man eben auch viel Zeit, das Geld auszugeben.
Oben angekommen ging ich bereits in den Aufenthaltsraum vor, während Simone etwas später nachkommen wollte. Wie ich bei ihrem Auftauchen erfahren habe, gestaltete sich das etwas schwer, weil ich aus Reflex von außen den Riegel zugeschoben hatte. SORRY! Glücklicherweise kam aber jemand vorbei und konnte sie aus dem Zimmer befreien. Die Geschichte hatte sich auch schnell rumgesprochen, Ang Phura wusste beim Eintreffen im Aufenthaltsraum bereits Bescheid.
Und dann ging der Abend auch so weiter, wie meistens mit Lesen, Schreiben und Zocken. Kurz vor Abendbrot hatten wir nochmals das Glück einen Video-Chat mit unseren Jungs zu halten. Sie sind alle wohl auf und werden morgen nach Namche Bazar zurückkommen. Dann ist es vorbei mit unserer Weiber-Party hier.
Zum ersten Mal haben wir uns heute an das Yak Steak ran getraut, wurde eben heute frisch besorgt. Kann man essen, ist aber nichts Spezielles, dem Rind wie wir es kennen sehr ähnlich.
Neben uns sind heute nur noch die Ukrainerin und ein spontan eingetroffener Kroate hier. Man merkt, dass die Saison hier langsam dem Ende zu geht. Nach dem Abendbrot gab es noch ein paar Sonnenblumenkerne aufs Haus, bevor auch dieser Tag dann schon wieder rum war.
13.11.2022 | Namche Bazar | “Es geht bergauf!”
Endlich, nach zwei Wochen, die erste Nacht, in der meine Uhr sagte, ich habe gut geschlafen und es sich auch so anfühlte. Es scheinen nur etwa fünf bis sechs Stunden gewesen zu sein (etwa drei Stunden wurden nicht aufgezeichnet), aber die lag ich wohl im Koma. Dies ist der erste Tag seit meiner Rückkehr nach Namche Bazar, wo ich mich auch mal so fühlte, als könnte ich wieder ein paar Schritte mehr wagen.
Aber bevor wir hier wieder ans Bäume ausreißen denken, wird erstmal beim Frühstück für Stärkung gesorgt. Tibetisches Brot mit Honig und Knoblauchtoast, was für eine Mischung.
Zeitig, also gegen 9 Uhr, ging es dann los, schließlich kommen heute auch die Jungs wieder zurück. Ang Phura soll ihnen mitteilen, wenn sie vor uns da sind, sie sollen ins Stupa Cafe kommen.
Und dann ging es los, Schritt für Schritt das steile Stück zum Heli Pad hoch. Erstmal über den Hang ging es dann den bereits bekannten und sehr angenehmen Weg Richtung Thamo. Unterwegs haben wir mit einem sehr freundlichen Mann gesprochen, der uns schon bekannt vorkam, da ihm das Restaurant gehört, in dem wir essen wollten.
Wie beim ersten Mal auch fanden wir uns ziemlich genau zwei Stunden am Ort unterhalb des Klosters wieder. Eine ältere Dame nahm unsere Bestellung auf und wir machten es uns auf der Terrasse mit der tollen Aussicht bequem und noch ein paar Seiten zu lesen.
Genüsslich verspeisten wir unser leckeres Essen, tranken Tee (was denn auch sonst) und machten uns anschließend langsam wieder auf den Weg zurück.
Rund eine halbe Stunde vor Namche Bazar trafen wir denselben Herren wieder, der auch schon von seiner Frau Bericht erhalten hatte, dass wir da waren. Kommunikation im Himalaya? Läuft.
Beim Heli Pad angekommen, durfte sich Simone gleich erfreuen, endlich einmal einen Hubschrauber starten zu sehen. Schon zwei, dreimal hat sie hier gesessen und geartet, aber da kam natürlich keiner, wie das eben so ist.
Am Heli Pad vorbei, konnten wir auch schon erkennen, dass an unserer Unterkunft Gestalten umherliefen, aber aus der Entfernung nicht, ob es sich um unsere Jungs handelt. Bevor wir das herausfinden sollten, ging es erstmal ins Stupa Cafe, zum letzten Mal, um es uns nochmals so richtig gut gehen zu lassen. Zum Abschied gab es noch ein Foto mit den Jungs, die uns die ganzen Tage mit Leckereien vom Feinsten versorgt haben.
Obwohl die Nachricht bei unseren Jungs angekommen war, hatten sie sich nicht mehr ans untere Ende vom Dorf gewagt. Zu anstrengend und kalt, aber auch genauso schön, waren bei ihnen die Tage in den höheren Regionen. Die heiße Dusche lockte einfach mehr. Auch Simone und ich gönnten uns die warme Dusche, die wir heute nach all den Tagen kostenlos (sonst jeweils 500 Rupien; 4€) bekommen haben.
Um nicht in der Kälte draußen zu stehen, setzten wir uns in den Aufenthaltsraum, wo wir uns mit Adi unterhielten. Adi haben wir vor einer Woche schon angetroffen, ist auch einer dieser verrückten, die auf allen möglichen Bergen herumklettert und ist gerade aus dem Everest Base Camp zurückgekommen. Simone wies mich darauf hin, dass wir ihn vor einer Woche schon angetroffen haben und ich musste leider gestehen, dass ich ihn nicht mehr wiedererkannt hätte, obwohl es nur eine Woche war und wir uns doch davor schon unterhalten hatten. Es wunderte ihn nicht. Im Gegenteil. Er erklärte mir, was HACE ist, es an meinem Augenzittern, das ich selbst nicht bemerkte, erkannt zu haben und dies eben dazu führen kann, dass die Wahrnehmung darunter leiden kann, dass man Gesichter später nicht wiedererkennt. Innerlich hoffe ich, dass es tatsächlich nicht ganz so schlimm war. Sowas kann echt beängstigend sein, bestätigte mir aber, dass es die richtige, wenn auch emotional harte und ungewollte, Entscheidung war, zurückzugehen. So sehr ich wollte, erzwingen hätte nichts gebracht. Trotz allem war ich mir heute aber sicher, ich werde wiederkommen. Etwas weiser und mit dem Ziel den Imja Tcho zu sehen. In vier oder fünf Jahren, oder doch schon 2025? Wir werden sehen.
Als alle Jungs frisch geduscht am Tisch saßen, ging es los mit Geschichten erzählen und Bilder anschauen. Die -15 °C beneide ich ja nun auch nicht gerade besonders, aber die Bilder der Pässe sind echt beeindruckend.
Anschließend folgte das erste gemeinsame Abendessen seit neun Tagen. Auch heute musste wieder Frühstück für den Folgetag bestellt werden. Gut, dass das nun wieder Nima übernimmt und wir uns nicht mehr die Finger wundschreiben müssen.
Um den Abend mit lauten Diskussionen ausklingen zu lassen, haben wir uns auf ein paar Runden Uno eingelassen. Wir werden uns, wie es so dazu gehört, über die Regeln nie einig sein.
14.11.2022 | Namche Bazar – Phakding | “Auf Wiedersehen, Namche Bazar!”
Die letzte Nacht in Namche Bazar. Nach nun neun Tagen hier, ist es so weit, diesen wunderschönen Ort Richtung Lukla zu verlassen. Ich habe die Zeit und Ruhe hier doch sehr genossen, werde es etwas vermissen, auch wenn es schöner gewesen wäre, etwas mehr unternehmen zu können.
Zum Frühstück gab es heute nicht nur wieder das leckere tibetische Brot und Knoblauchtoast, sondern auch das letzte Antibiotikum. Ganz gesund hört und fühlt es sich zwar noch nicht an, aber es geht den richtigen Weg.
Wie immer sollte nach dem Frühstück noch «kurz» die offene Rechnung beglichen werden und dann Abmarsch. «Kurz» war in diesem Fall eine gute Stunde, da sich in all den Tagen, in denen wir da waren, doch einiges angesammelt hat. Zu dritt hat irgendwie jeder einmal mit jedem gerechnet; einer liest vor, der andere tippt ein. In den Taschenrechner. Hier wird tatsächlich noch manuell auf Papier Buch geführt. Im Normalfall hat jedes Zimmer ein Buch. Was konsumiert wird, wird notiert, zum Ende zusammengerechnet. Digitales Kassensystem? Fehlanzeige. Bezahlt wird alles in Bar.
Kurz nach 9 Uhr ging es dann los. Wir wollen uns alle am unteren Ende, beim Eingangstor nach Namche Bazar treffen, da Andreas und Simone schon los auf die Suche nach Streichhölzer waren, während Hannes und ich in die Seitenstraße zum Geldwechseln abgebogen sind.
Nochmals ein letzter wehmütiger Blick zurück, bevor es den steilen Berg wieder runterging. Irgendwie kann ich mich an dieses letzte Stück bergauf nicht mehr erinnern bzw. habe mich wirklich nur noch auf den Meter Weg vor mir konzentriert, die Umgebung aber nicht wahrgenommen. Schön hier.
Seit dem Tor zu Namche Bazar kamen uns auch immer wieder Trail Runner entgegen. Es scheint sich um das Everest Trail Race zu handeln. Was bin ich gerade froh, diesmal in die andere Richtung zu gehen.
Mit leichtem Fuß und teilweise schon leichtem Joggen hatte ich heute doch sehr viel Spaß, diesen Weg zu gehen, begleitet von etwas Musik, die ich schon seit Tagen nicht mehr gehört habe.
Und dabei stellt sich mir immer wieder die eine Frage: Wie werde ich nach all den Tagen der Ruhe, mit dem ganzen Lärm und Stress in Kathmandu und dann auch wieder zu Hause, zurechtkommen? Aus Erfahrung weiß ich, es wird die ersten Tage sicher nicht leicht werden, aber eine Wahl habe ich leider auch nicht.
Schritt für Schritt, Stufe für Stufe ging es die rund 1000 hm, die wir in stundenlanger Schwerstarbeit erklommen haben, ganz locker wieder runter.
Nachdem das Mittagessen auf Wunsch schon dreimal verschoben wurde, gab es dann in Toctoc, eine halbe Stunde vor unserem Ziel in Phakding, doch noch etwas zu essen.
In Phakding angekommen, bezogen wir in der uns bereits vom Anstieg bekannten Unterkunft die Zimmer, endlich aus den verschwitzen Klamotten raus.
Als ich mich gerade zum Yoga hinlegen wollte, klopfte es an der Tür. Extradecken werden verteilt, bei der ich natürlich nicht nein gesagt habe.
Ausgedehnt und entspannt habe ich mich erstmal noch zum Weiterschreiben aufs Bett gesetzt, während sich die andern bereits draußen zusammengesetzt haben. Einfach nur nochmals ein paar Minuten für mich, braucht es auch mal.
Als es dann doch in den Aufenthaltsraum ging und auch noch Abendessen bestellt werden soll, bewegte auch ich mich aus dem Zimmer. Essen bestellt, setzte ich mich zu Uwe, um erstmal noch den gestrigen Tag niederzuschreiben. Solange, bis Simone und Andreas auch da waren und es Zeit war, Doppelkopf zu spielen. Hannes setzte sich dazu und lernte das Spiel beim Zusehen. Mal schauen, ob er auch noch überredet werden kann, mitzuspielen.
Das Essen im Khumbu Resort, unserer zweiten Heimat, schmeckte zwar etwas besser, oder wir haben uns zu sehr daran gewöhnt, aber auch hier ist es gut und nichts bleibt übrig.
Nach dem Essen ging es noch mit ein paar Runden Doppelkopf weiter, bis dann nach und nach alle ins Bett gingen.
15.11.2022 | Phakding – Lukla | “Es geht wieder (einmal) Berg hoch.”
Acht Stunden einfach nur schlafen. Runter auf 2500 m. ü. M. hatte ich nun meine erste Nacht mit richtig gutem Schlaf. Und das, obwohl sich die warme Bettdecke neben das Bett verabschiedet hat. Aus dem Schlafsack zu kommen war heute nur etwas schwerer, weil die Nacht etwas kälter war, als aus Namche Bazar gewohnt.
Und so begann auch heute der Tag wie jeder: Anziehen, packen, frühstücken und los geht’s; die letzte Etappe von Phakding nach Lukla. Die Strecke ist bereits bekannt, aber eben auch nur in die andere Richtung. Weil diese auf dem Hinweg im Wesentlichen immer runterging, stellten wir uns den Rückweg ganz schön anstrengend vor, ging aber doch ganz gut. Auch heute wieder nur langsam, da ich mich nicht ganz so top fühlte, aber stetig immer vorwärts.
Gerade mal drei Stunden später haben wir die Unterkunft in Lukla, direkt neben dem Flughafen, erreicht. In der Sonne hingesetzt werden Getränke und Mittagessen bestellt. Die Jungs ganz mutig wagten sich an Can, ein Bier aus Hirse gebraut. Die Reaktionen waren nicht so überzeugend.
Da es bis zum Essen noch etwas dauerte, haben wir schon mal die Zimmer bezogen, uns umgezogen und was man eben bei Ankunft so tut. Überraschenderweise haben hier die Zimmer je ihr eigenes Bad, inklusive Dusche, die aber nur eiskalt. Die warme Dusche ist draußen und muss wie überall extra bezahlt werden. Bei schönstem Sonnenschein genossen wir unsere Speisen.
Bevor es noch eine Runde durch die Einkaufsmeile von Lukla ging, gönnten sich der eine oder andere eine warme Dusche, oder eben nur unter der Kalten mal eben das wesentliche gewaschen. Leider ist die Sonne schon wieder hinter den Wolken versteckt als wir losmachten und somit auch gleich wieder frisch, aber eben auch noch eine gute Gelegenheit, sich irgendwo Kaffee und Kuchen zu gönnen.
Kaum zurück in der Lodge, etwas Wärmeres angezogen, um es sich dann auch gleich im nächsten Coffee Shop gemütlich zu machen. Einer die wenigen, warmen Räume hier. Kaum unsere Getränke konsumiert, sahen wir auch schon, wie die Gruppe, mit der wir schon angekommen sind, auch wieder hier sind. Eigentlich hätten wir sie nicht mehr treffen sollen, aber wir sind auch einen Tag zu früh hier angekommen.
Aus dem Coffee Shop haben wir uns einmal in den Aufenthaltsraum gewechselt, Abendbrot bestellt und Tee getrunken. Da heute der letzte Tag ist, an dem unsere Porter bei uns sind, werden sie mit uns Abendbrot zusammen essen. Ein gemeinsames Abendbrot zum Abschied.
Die Zeit bis dahin haben wir mit Doppelkopf im Coffee Shop verbracht. Hier, weil es der einzige Raum nach dem Aufenthaltsraum ist, der geheizt ist und wir auch hier Abendbrot essen werden. Der Aufenthaltsraum ist von der anderen Gruppe belegt.
Als ich mich nach dem Abendbrot kurz in mein Zimmer bewegt habe, musste ich beim Zurückgehen feststellen, die Haupttür war von außen verriegelt. Kein Mensch weit und breit. Aus dem Fenster klettern? So im Dunkeln auch keine Option. Simone hat angenommen, dass niemand mehr auf den Zimmern ist und hat die Tür verriegelt. Dafür weiß ich nun, wie lange es dauert, bis man mich vermisst. Es sind rund dreißig Minuten.
Bei viel unterhalten, werden auch einige Bier und Rum getrunken (von mir natürlich nicht, so brav wie ich bin, habe ich mich an den Tee gehalten) und so lässt man den Abend gemeinsam ausklingen. Bevor es ins Bett ging, wird sich bei den Porter für ihre grandiose Leistung bedankt und verabschiedet.
16.11.2022 | Lukla | “Flugzeuge, Rasuren und Zucker. Viel Zucker”
Ruhetag in Lukla. Da wir ja einen Tag eher zurückgekommen sind, haben wir noch Zeit uns hier das eine oder andere anzuschauen. Aber zuerst Frühstück. Ich muss unbedingt lernen, wie man dieses Tibetan Bread macht. Ist mit Sicherheit nicht das Gesündeste, aber einfach nur lecker.
Danach war unser erstes und wichtigstes Ziel der Platz unter der Landebahn. Hier kann man sich tatsächlich am Ende hinstellen und die verkehrenden Flugzeuge und Hubschrauber aus nächster Nähe über sich hinweg fliegen sehen. So nahe, näher geht fast nur noch, wenn man drinsitzt.
Von da aus schlendern wir wieder gemütlich hoch zurück zur Einkaufsmeile und der seit Tag eins von den Jungs erwartete Moment traf nun endlich ein: Sie gehen zum Barbier. Nach fast drei Wochen Wildwuchs war es nun Zeit für eine ordentliche Rasur. Rund eine Stunde später, waren alle durch, keiner wiederzuerkennen und jeder um 400 Rupien (3€) ärmer.
Gemütlich schlenderten wir zur Lodge zurück, es wurde langsam Zeit das Mittagessen zu bestellen. Wieder eine gute Stunde Zeit, uns beim Doppelkopf anzuschnauzen.
Nach dem Mittagessen wurde es dann an der Zeit uns von Babu zu verabschieden. Er hatte noch Freunde getroffen und zieht mit ihnen los, bevor es für ihn auf die nächste Tour zum Mera Peak geht.
Erneut schlenderten wir nochmals zurück zur Einkaufsmeile, da Simone und Andreas noch in den einen Laden gehen wollten. Lukla Outdoors. Alle wurden auch fündig, für mich gab es zwei Westen, kuschelig weich, wie ich es schon gesucht hatte.
Etwas weiter, in der Bäckerei, dann der Schock. Also vor allem ein Zuckerschock. Weil ich mir zur heißen Schokolade etwas gönnen wollte, gab es ein Cheese Creme Dessert. Lecker war es, aber einfach zu viel. Verschwendet wird aber auch nichts. Und so musste ich dann langsam zur Lodge zurückrollen. Um uns dann dort in den Coffee Shop zu setzten und zur Abwechslung mal wieder Tee zu trinken und Doppelkopf zu spielen.
In der Zwischenzeit kam Nima zu uns, um uns über den folgenden Tag aufzuklären: 5:45 Uhr aufstehen, 6:15 Uhr Frühstück, 7:15 Uhr Abflug, vielleicht. Je nach Wetter. Wir erinnern uns, geflogen wird nach Sicht, sonst eben nicht. Wir werden es sehen. Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass die Dame, die den Coffee Shop führt, auch die Flüge organisiert. Wir sitzen also quasi im Tower. Man ist hier wesentlich vielfältiger und flexibler als bei uns. Hannes müssen wir diese Nachricht später überbringen, der schläft schon wieder.
Also hieß es heute auch schon frühzeitig wieder die Koffer packen und alles so weit fertigmachen.
Derweilen habe ich im Bad einen Mitbewohner gefunden. Ca. 5cm groß, acht Beine und heißt nun Toni. Er tut mir nichts und ich ihm nichts. Hoffentlich.
Zum Abendbrot treffen wir uns alle wieder im Aufenthaltsraum, der auch langsam warm wurde, genießen unser Abendbrot und lassen auch diesen Abend, wenn auch frühzeitiger als sonst, mit Doppelkopf ausklingen.
17.11.2022 | Lukla – Kathmandu | “Geduld ist eine Tugend!”
5:45 Uhr, der Wecker klingelt. Ich habe zwar acht Stunden wunderprächtig geschlafen, aber das ist trotzdem zu früh. Also in der Frische aus dem Bett gerollt, den täglichen Gang durchs Bad und direkt zum Frühstück gepilgert. Die Taschen werden vor dem Coffee Shop abgelegt, wir setzen uns zum Essen rein.
Nach dem Frühstück geht es auch gleich los. Mit warten. Wir bestellen Tee und Kaffee, kann also noch etwas dauern. Kurz vor 10 Uhr hören wir endlich, wie der erste Flieger nach Lukla kommt. Die Hoffnung steigt, heute noch nach Kathmandu zurückzukommen, sicher ist es aber immer noch nicht.
Mittlerweile ist es 11 Uhr, wir haben uns vom warmen Coffee Shop in die kalte Abflughalle verschoben. Der nächste Flieger der Tara Air ist unserer. Also nochmals knapp eine Stunde. Wir warten. Und essen, aus Langeweile.
Bei allen werden langsam die Füße kalt. Ich habe mir nochmals die dicken Socken aus der Tasche geholt. Etwas weniger Gewicht, das nachbezahlt werden muss. Im Flug inbegriffen sind nur 15 kg, alles darüber kostet extra.
12 Uhr, in Lukla nichts Neues.
12:30 Uhr, wir sind durch die Security durch und warten nun im nächsten Raum.
13:30 Uhr, nachdem ich nun nochmals 30 Minuten vor mich hin gedöst habe, ging es tatsächlich los. Im Flieger dann noch ein letzter Blick auf den Fluss Dudh Koshi, in seinem wunderschönsten Blau, dieses traumhafte Gebirge; eine Träne zum Abschied.
Knapp 20 Minuten später landeten wir in Manthali, bei gefühlten 30 °C mehr. Also erstmal Jacke, Pullover, ein paar Hosen und die dicken Socken so schnell wie möglich vom Leibe reißen. Nima hat unseren Fahrer angerufen, der dann auch gleich kam und uns nun zurück nach Kathmandu bringt.
Und da sind wir wieder, zurück in der Zivilisation, mit all den vielen Menschen, lauten Fahrzeugen, Gehupe. Wie ich das alles so gar nicht vermisst habe. Diese Ruhe und Gemütlichkeit im Himalaya, viel, viel schöner. Abgekapselt von der Außenwelt, einfach weg sein. Es wird nicht immer der Himalaya sein, aber dieses «Weg sein» werde ich definitiv öfters machen müssen.
Nach etwa 30 Minuten machten wir einen kurzen Stopp, Wasser und Obst kaufen. Mittagessen haben wir gestrichen, lieber möchten wir eher in Kathmandu sein. Der Fahrer wollte etwas esse, tat dies aber erst bei einem weiteren Stopp, bei Kuseswor Dumja. Da wir ja um 7:15 Uhr fliegen sollten, bzw. um 8 Uhr in Manthali landen, war der Fahrer bereits seit um etwa 3 Uhr Frühs unterwegs.
Ich nutzte die Pause, um ein paar Schritte zu gehen und Fotos vom Sun Kosi, dem hiesigen Fluss zu machen. Die Fahrt durch dieses Tal mag etwas holprig sein, aber nun bei Tag, auch schön. Entlang des Flusses werden viele Felder gelegt. Macht ja auch Sinn, beim Wasser anzubauen. Alles Handarbeit. Wenn man Glück hat, zieht ein Rind den Pflug. Von dem, was ich hier sehe, würde ich fast zu behaupten wagen, dass die Feldarbeit hier überwiegend von den Frauen gemacht wird.
Alle halbe Stunde auf die Karte zu schauen, wie weit man schon gekommen ist, ist irgendwie so gar nicht motivierend. Gefühlt kommt man so gar nicht vom Fleck, was bei den Straßenverhältnissen auch nicht gerade verwunderlich ist. Man merkt aber, näher an Kathmandu zu kommen, da der Verkehr dichter wird, das Hupkonzert ist lauter und die Überholmanöver schon ganz hart an der nervlichen Grenze.
Um 19 Uhr haben wir es dann geschafft, wir sind in Kathmandu angekommen. Und es war da schon zu viel Krach. Mal schauen, wie das erst morgen wird, wenn wir hier den ganzen Tag verbringen.
Nachdem wir das Essen bestellt hatten, haben wir auch alle dasselbe Ziel angestrebt: Eine lange, warme Dusche und saubere Klamotten. Deo wird gefeiert.
Anschließend trafen wir uns zum Abendbrot. Simone hatte ihre Suppe aufs Zimmer bekommen und blieb im Bett. Scheint als kämpfe sie nun mit dem Infekt, den ich vor ein paar Tagen mit Antibiotika killen musste. Ich habe ihr alle meine Bonbons und Hustenstiller gebracht und hoffe sehr, dass sie sich bald wieder besser fühlt. Nach dem Abendbrot ging jeder auf sein Zimmer.
Wieder hier zu sein bedeutet, auch mal wieder Internet zu haben. So sehr ich die Zeit ohne genossen habe, bin ich doch auch froh, wieder mit meinem besten Freund quatschen zu können.
18.11.2022 | Kathmandu | “Ich glaube, mich laust der Affe!”
Hach, wie schön ist es doch, wenn man nachts aus dem Bett muss und sich mal nicht gleich alles abfriert. Kleine, aber feine Unterschiede.
Etwas später, um halb neun, gab es heute Frühstück. Für die Meisten. Hannes war bereits durch und in der Stadt unterwegs. Manche Menschen wissen ein warmes Bett einfach nicht zu schätzen.
Nachdem alle gesättigt und Hannes wieder zurück war, zogen wir gemeinsam los. Ein ganzer Tag in Kathmandu. Erstmal die ganze Einkaufsstraße hoch und runter, schauen, was es so gibt und was man möchte.
Da schon das angucken alleine anstrengend war und Hannes uns noch ein Essen schuldete, haben wir uns gegen Mittag erstmal im Steak Haus eingefunden. Hawaii Steak mit Banane und Ananas darauf für mich. Echt lecker.
Um noch etwas Kultur zu erleben, machten wir uns anschließend auf den Weg zum Swayambhunath, dem Affentempel.
Durch diese Stadt zu gehen, macht mich echt fertig. Nach zweieinhalb Wochen der Ruhe ist es hier einfach nur zu stressig und laut. Ich gestehe, froh zu sein, wenn ich wieder aus dieser Stadt weg bin.
Beim Affentempel angekommen, ging es erstmal die 365 Stufen hoch. Wie überall wurde auch hier Eintritt verlangt, bevor wir uns den Tempel selbst anschauen konnten. Wie es bei Touristenhotspots so ist, sind auch hier viele Leute und Verkäufer, die natürlich versuchten jedem alles anzudrehen.
Während man hier einmal rumgeht, kann man sich auch gleich Kathmandu in jede Richtung anschauen. Durch den dunstigen Smog ist es gerade noch so möglich, ein paar Berge zu erkennen. Den Himalaya würde man theoretisch auch sehen, praktisch leider so gar nicht.
Und dann ging es die ganzen Stufen wieder runter. Während beim Hochgehen nur ein paar einzelne Affen zu sehen waren, sind es nun schon mehr geworden. Ganze Gruppen sitzen zur Seite der Treppen, dazwischen immer wieder mal ein paar Hunde.
Durch dasselbe Verkehrschaos bemühten wir uns, den Weg zurück zum Hotel zu finden. Simone legte sich hin, während sich der Rest von uns aufmachte, shoppen zu gehen. Ich mag ja shoppen schon zu Hause nicht, hier gleich noch weniger. Aber es gibt nun mal noch ein paar Sachen zu besorgen.
Kaum standen wir im ersten Laden, haben sich Andreas und Hannes irgendwo verdrückt und wurden bis zum Essen nicht wiedergesehen. So zogen Uwe und ich alleine los, während wir immer mehr Taschen in den Händen hielten und ich mir ernsthaft Sorgen machte, wie ich das alles in meine Taschen bekommen soll.
Wie schon die letzten drei Wochen trafen wir uns um 6:30 zum Abschiedsessen; unsere letzte Mahlzeit mit Nima. Es gab Dal Bhat und dazu zwei ganze Hühnchen. Ich weiß nicht, wie Andreas und ich das hinbekommen haben, aber nachdem der Rest schon satt war und wir eigentlich auch, haben wir doch noch ein halbes Huhn verspeist. Zur Belohnung habe ich Simones Nachtisch bekommen, da sie schon im Bett war und Andreas dafür meinen Rum. Alles, aber auch wirklich alles, ging weg.
Wir bedankten uns bei Nima für die tolle Begleitung und das Chaos, das er mit uns mitgemacht hat, bevor er sich von uns verabschiedete.
Auch ich machte mich langsam auf den Weg ins Zimmer. Mit der immer noch anhalten inneren Unruhe fing ich an zu packen, Hauptsache ich kann was tun und musste feststellen, es passt nicht alles rein. Gut hatte Uwe mir angeboten, noch etwas bei ihm unterzubringen, so sollte es klappen.
Gepackt und frisch geduscht ging es dann um 23 Uhr auch für mich ins Bett.
19. / 20. 11.2022 | Kathmandu – Doha – Frankfurt – Wilsdruff | “Auf Wiedersehen, Nepal!”
Viel zu früh wach, huschte ich schnell unter die Dusche. Man weiß es sehr zu schätzen, wenn man nicht immer fließend Wasser zur Verfügung hatte.
Zum Frühstück, um kurz nach 8 Uhr, war Hannes natürlich schon lange fertig damit, leistete uns aber noch Gesellschaft. So richtig Lust in die Stadt zu gehen hatte keiner von uns. Also machten wir eine Zeit fürs Mittagessen aus und zogen uns zurück.
Da ich schon gepackt hatte, nahm ich mir die Zeit, mein Tagebuch hier auf Vordermann zu bringen. Und natürlich ließ ich mir auch mein tägliches Yoga und Meditieren nicht nehmen. Uwe klopfte an die Tür, ob ich noch etwas abzugeben habe. Zu seinem Glück war es saubere Wäsche, das Bisschen, was noch übrig war.
11:30 Uhr standen alle bereit und wir suchten uns etwas zu essen. Schnell fanden wir auch eine gemütliche Hinterhofkneipe. Wie wir feststellen mussten, wird heute in Restaurants keinen Alkohol ausgeschenkt. Warum? Weil morgen Wahlen sind. Am Sonntag zur Wahl sind auch alle Geschäfte geschlossen, es dürfen keine Fahrzeuge gefahren werden und nur der Weg zu Urne gegangen werden. Klingt für uns erstmal merkwürdig, aber es heißt ja: Andere Länder, andere Sitten.
Heute gab es einmal ein Cottage Cheese Steak. War nicht direkt, was ich erwartet habe, vor allem wenig, schmeckte aber trotzdem sehr lecker.
Zurück im Hotel blieb uns noch eine halbe Stunde, um auch die aller letzten Sachen einzupacken. Da noch die Hotelrechnung bezahlt werden musste, ging ich kurz vor um 2 Uhr runter, klärte alles und dann ging eine neue verrückte Fahrt durch Kathmandu zum Flughafen los. Und da ging wieder alles los, wie wir es aus Frankfurt schon kannten, mit Check-in und Security Check, nur wesentlich schneller. Also länger herumsitzen. Und was könnte man besseres tun, als das restliche Geld für Süßigkeiten auszugeben? Genau. Türkische Schokolade schmeckt übrigens mal so gar nicht und es musste doch noch eine Packung Kekse mehr her.
Wasser ist auch in der Trinkflasche, kann also losgehen. Kann, tut es aber noch nicht.
Und dann geht es doch los. Zone 1, also Uwe und ich können in den Bus einsteigen und zum Flieger gehen. Andreas und Simone sind in Zone 2, kommen aber direkt nach. Ob Hannes auch im Flieger sitzt, kann ich nur erraten, ihn habe ich nicht mehr gesehen.
Dann rollte der Flieger los, im Dunkeln, ganz langsam, startet richtig durch und hebt ab. Schnell werden die Lichter von Kathmandu kleiner unter uns. Die großen Straßenkreuzungen sehen von oben genau so verrückt aus, wie wenn man durchfährt.
Um die Zeit schneller zu überbrücken, habe ich mir einen Film angemacht. «Fireheart», kann ich nur empfehlen, ich habe mich kaputt gelacht. Danach folgte «Vaiana» auf Französisch, einfach nur, weil ich lustig bin und den Film schon auswendig kenne. Währenddessen kam auch das Essen. So vorzüglich wie es im Flieger eben sein kann. Weiter ging der Fernsehmarathon mit drei Folgen «Call me Kat». Gleichzeitig habe ich weiter das Tagebuch abgetippt, es liegt noch viel Arbeit vor mir.
Pünktlich sind wir in Doha gelandet, wo wir einmal mehr vier Stunden totzuschlagen haben. Als Erstes machen wir uns auf die Suche nach einem Plüschtier für Hannes’ Sohn, gefolgt von der Platzsuche in einem Ruheraum. Platz war da, Ruhe nicht so. Ist ja auch Klever, den Kinderspielplatz gleich daneben zu bauen.
Ende vom Lied: Ich habe keine Minute geschlafen, dafür beim Spaziergang durch den Flughafen einen Park gefunden. Hätte ich den mal eher gesehen, hätte ich mich ins Grüne gelegt.
Als es dann so weit war, machten wir uns auf zum Gate und betraten den letzten von sechs Flieger auf dieser Reise. Fast pünktlich startete auch dieser.
Ich wollte mir «Call me Kat» weiter anschauen, aber zu dieser fortgeschrittenen Zeit habe ich gut die Hälfte oder mehr verschlafen. Für Essen und Getränke war ich gerade so wach und auch nur, weil Uwe mich netterweise geweckt hatte.
So gingen die ersten vier Stunden relativ schnell vorbei, während der Rest dauerte. Um 6 Uhr dann die Punktlandung in Frankfurt. Das Wetter hier lässt mich gleich wieder zurückwünschen. Im Himalaya mag es etwas kühler sein, dafür scheint dort mehr Sonne.
Durch die Passkontrolle durch standen wir eine ganze Weile bei der Gepäckausgabe herum. Sobald Hannes seine Tasche hatte, verabschiedete er sich von uns, um seinen Zug nach München zu erwischen. Andreas, Simone, Uwe und ich ließen uns wieder von Lemme abholen. Er setzte und mit unserem Gepäck bei Andreas und Simone ab. Von dort aus machten wir einen Spaziergang zu Lemme, bei dem es auch heute wieder leckeres Frühstück gab.
Danach war es Zeit, die Autofahrt nach Hause anzutreten. Die Fahrt an sich war sehr unspektakulär, zumal ich die ersten zwei Stunden geschlafen habe.
Bis dann kurz vor zu Hause eine Nachricht von Simone eintraf: Positiver Schnelltest. Hieß dann wohl auch für uns anderen zu Hause erstmal testen. Zu unserem Glück fielen alle andern Tests negativ aus.
Das gibt mir aber doch zu denken, dass, wenn auch bei mir Corona die Tage, wo es mir so schlecht ging, im Spiel gewesen sein sollte, lässt es doch hoffen, dass es beim nächsten Mal eine gute Chance gibt, dass es besser klappt.
Epilog
Ich wollte das Tagebuch, das im Original handgeschrieben ist, eins zu eins abtippen. Einzelne Stellen mussten allerdings nachbearbeitet werden, da es mir wohl in meinem lädierten Zustand teilweise schwerfiel, ordentliche Sätze zu schreiben. Aber sonst ist alles da, das eine oder andere Detail erweitert, wenn es mir relevant erschien.
Am Mittwoch nach unserer Rückkehr fiel auch bei mir der Schnelltest positiv aus, somit ging es dann erstmal direkt zum PCR-Test, der das Ergebnis bestätigt und ab in Quarantäne. Nicht gerade das Andenken, dass man aus dem Urlaub mitbringen und die Erholung danach, die man möchte, aber zum Glück auch nicht das Einzige.
Immerhin zwei von vier Ziele habe ich erreicht: Ich habe den Lhotse gesehen und ich lebe noch. Die Tour habe ich nicht geschafft und meinen Streak musste ich opfern. Diese Reise war nicht nur durch AMS und Infekte körperlich am Anschlag gelaufen, auch emotional ging es drunter und drüber. Und trotzdem habe ich diesen einen Satz im Kopf: “Nepal, ich komme wieder!” Ob es beim nächsten Mal wieder dieselbe Ecke sein wird oder woanders, lasse ich mal noch offen. Der Imja Tcho ruft schon ganz laut nach mir, aber auch andere National Parks haben hübsche Seen. Aber was es auch sein wird, werde ich sehen, wenn ich in zwei Jahren neue Pläne mache, jetzt rufen erstmal ein paar andere Orte, die belaufen und erwandert werden möchten. So viele Abenteuer, die nach mir rufen, es bleibt spannend …
Uwe, Hannes, Andreas und Simone, Nima, Babu und unseren drei Porter, vielen Dank für diese tolle, kreative Reise.
Danke, daß ich Deinen Reisebericht lesen durfte! Er war sehr emotional und ich sehr ergriffen. Alles Gute für Deine kommenden Unternehmungen!